
Unser stressiger Alltag führt immer mehr dazu, dass wir das Gegenwärtige nicht mehr wahrnehmen und gedanklich in der Vergangenheit verweilen, verpasste Chancen betrauern oder sorgenvoll in de Zukunft blicken. Dabei verlieren wir aus den Augen, welcher Reichtum sich im gegenwärtigen Augenblick verbirgt. Was genau ist Achtsamkeit aber nun? Achtsam zu sein, bedeutet im Hier und Jetzt sowohl körperlich, aber vor allem auch mental präsent zu sein. Uns und unsere Umwelt wahrzunehmen, ohne sie ständig zu bewerten. Ist dir schonmal aufgefallen, dass wir ständig alles bewerten? Egal ob es sich um Situationen, andere Menschen oder zum Beispiel Dinge handelt. Du kannst selbst einmal den Test machen! Nimm dir eine halbe Stunde Zeit und gehe spazieren. Sieh dich um und benenne, was du siehst, ohne es zu bewerten. Ich verspreche dir, die Übung hat es in sich. Du wirst bemerken, dass du allem irgendein Attribut und damit eine Bewertung zuschreibst. Selbst ein einzelner Baum wird so zu einem großen oder schönen oder kahlen Baum. Und so geht das ständig! Unser Gehirn bewertet alles und jeden.
Was ist so schlimm an Bewertungen?
Bewertungen entstehen aus unseren Erfahrungen. Wir hängen dadurch in einer Dauerschleife unserer Gedanken fest. Neue Eindrücke und Erfahrungen werden mit Erinnerungen abgeglichen und entsprechend kategorisiert. Umgangssprachlich nennt man diesen Vorgang „Schubladendenken“. Unser Gehirn greift immer auf altbewährtes zurück. Das Problem daran ist, dass wir aufgrund unserer Bewertungen auch Rückschlüsse ziehen und uns entsprechend verhalten. Achtsame Menschen bewerten nicht, sie nehmen nur wahr, was ist und distanzieren sich von ihren Gedanken. So sind sie offen für neue Erfahrungen und vermeiden in Kategorien zu denken. Denn sind wir achtsam im Hier und Jetzt, dann gibt es kein „Das kenne ich schon. Jetzt passiert gleich xy.“ Oder auch „Das ist genau so ein Typ wie xy. Der wird mich auch verletzen / enttäuschen.“
Achtsamkeit steigert das Wohlbefinden
Achtsamkeit ist lange sehr stiefmütterlich behandelt worden. Inzwischen hat sich die Wissenschaft jedoch in ihren Forschungen zunehmend auch der Achtsamkeit zugewandt und schreibt dieser eine positive Wirkung auf unser Wohlbefinden zu. Achtsamkeit schafft Abstand zu den eigenen Gedanken und Vertrauen in die eigene Stärke. Sie steigert somit die Lebenszufriedenheit und -freude und wirkt stressreduzierend. Achtsamkeit hat ihren Ursprung im Buddhismus und wird dort als Geisteshaltung angesehen. Häufig wird Achtsamkeit zusammen mit Meditation praktiziert, allerdings ist das Meditieren keine Voraussetzung, um achtsam zu sein. Du kannst in jedem Bewusstseinszustand achtsam sein. Andersherum geht es jedoch nicht – Meditation setzt immer auch Achtsamkeit voraus.
Achtsamkeit erlernen
Im Grunde werden wir alle mit der Fähigkeit achtsam zu sein, geboren. Beobachte einmal kleine Kinder, wenn sie vollkommen gedankenverloren in ihrem Spiel vertieft sind. Nichts zählt in diesem Moment, Zeit spielt keine Rolle mehr. Sie sind vollkommen im Hier und Jetzt. Diese Fähigkeit schlummert immer noch in jedem von uns. Sie ist nur über die Jahre, den Alltagsstress und unseren Verstand verkümmert. Aber sie lässt sich reaktivieren! Achtsamkeit kann man mit den verschiedensten Übungen trainieren.
Genau hier wird es aber für die meisten Menschen sehr schwierig. Sie nehmen sich vor, täglich zu meditieren, setzen sich unter Druck und scheitern dann am Durchhalten. Im Gegenteil, sie geraten vielleicht sogar noch mehr in Stress, weil sie sich Zeit freischaufeln müssen, um ihre täglichen Achtsamkeitsübungen durchzuführen und bringen sich somit um den gewünschten Erfolg. Ich rate meinen Klienten daher, generell erst einmal achtsamer in ihrem Alltag zu werden. Sich morgens vor dem Aufstehen fünf Minuten bewusst auf ihren Atmen zu konzentrieren und bei der Morgenroutine bewusst wahrzunehmen, was sie tun, anstatt sich gedanklich schon mit dem Tagesablauf zu beschäftigen. Oder in der Mittagspause des Geschmacks und der Konsistenz des Essens bewusst zu werden oder gedanklich nicht mit der Arbeit zu beschäftigen. Es gibt 1000 kleine Dinge, denen man sich im Laufe des Tages bewusst zuwenden kann – frische Luft, ein wärmendes Getränk, Vogelgezwitscher. All das bedeutet achtsam sein. Sich entschleunigen. Im Hier und Jetzt verweilen.
So gelingt dir die Meditation
Du möchtest gerne meditieren, aber es gelingt dir nicht? Auch hier gilt: Übung macht den Meister. Setze dich nicht unter Druck! Je häufiger du meditierst, um so ruhiger wird dein Geist werden. Aber das braucht Zeit! Stell dir vor, dein Geist ist ein Muskel. Der ist auch nicht nach dem ersten Besuch im Fitnessstudio gestählt. Es ist vollkommen normal, wenn deine Gedanken abschweifen, lass sie einfach fließen.
Bei der Meditation geht es nicht um den Versuch, irgendwo hinzugelangen. Es geht darum, dass wir uns selbst erlauben, genau dort zu sein, wo wir sind, und genau so zu sein, wie wir sind, und desgleichen der Welt zu erlauben, genau so zu sein, wie sie in diesem Augenblick ist.
Jon Kabat-Zinn
- Konzentriere dich auf deinen Atem. Spüre ihm nach und atme bewusst ein und aus. Lass deinen Atem langsam tiefer werden und deine Atemzüge länger.
- Visualisiere ein Bild. Am Anfang kann es einfacher sein, sich eine Farbe vorzustellen und Stück für Stück in diese einzutauchen.
- Lass deine Gedanken fließen! Es ist vollkommen normal, dass sich ab und an ein Gedanke aufdrängt oder Du abschweifst. Sobald du es bemerkst, lass den Gedanken weiterziehen und konzentriere dich wieder auf deinen Atem.
- Schaffe dir ein Ritual! Verräuchere zum Beispiel entspannende Kräuter wie Lavendel oder nutze ein Aromaöl.
- Verbinde dich mental mit deinem Inneren. Richte deinen Blick nach innen und nimm wahr, was sich in dir regt.
In unserer Online-Academy findest du viele Übungen und Anregungen zum Thema Achtsamkeit. Starte mit uns in ein achtsameres Leben mit mehr Wohlbefinden und Zufriedenheit!
Deine Vio
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