
In vielen meiner Seminare, an denen ich teilgenommen habe oder auch in Psychotherapien heißt es immer wieder, dass man besser auf sich achtgeben solle und lernen darf, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen.
Doch was bedeutet das überhaupt?
Unser Körper zeigt uns durch unterschiedliche Signale an, was er gerade braucht. Wir müssen nur verstehen lernen, was uns unser Körper sagen will. Aber irgendwie haben wir das Gespür für uns selbst verloren. Doch wie schaffen wir es, das Gefühl zu uns selbst zurückzugewinnen? Der beste Wegweiser ist das eigene Gefühl. Unsere Gefühle tragen wir immer mit uns, egal wo wir sind. Auf sie ist immer Verlass, wenn wir uns trauen würden, auf sie zu hören und uns eingestehen, was wir gerade fühlen. Leider fällt uns das oft schwer. Um herauszufinden, woran das liegt, müssen wir uns auf die Suche nach möglichen Auslösern begeben, wenn es uns nicht so gut geht.
Fragen wie:
- Warum genau geht es mir gerade nicht gut?
- Gab es ein bestimmtes Ereignis, ein Verhalten, eine Äußerung von jemandem, weshalb ich mich gerade nicht gut fühle?
- Womit hat mein ungutes Gefühl angefangen?
- Wie fühle ich mich gerade körperlich?
helfen dabei, mögliche Auslöser für unsere Gefühle zu finden. Das bedeutet, dass wir unseren Gefühlen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.
Warum sind unsere Gefühle so wichtig?
Biologisch gesehen sind unsere Gefühle komplexe Verhaltensmuster, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben. Sie helfen uns, uns im Alltag orientieren zu können. Oft treffen wir Entscheidungen „aus dem Bauch“ heraus, auch wenn uns das gar nicht so bewusst ist. Unsere Gefühle sind ein wichtiges Bewertungssystem, das uns zeigt, wie ein Auslöser auf uns wirkt. Sie sagen uns, ob wir uns physisch oder psychisch gerade im „grünen Bereich“ befinden, oder ob wir etwas für uns tun sollten. Unsere Gefühle steuern unsere Aufmerksamkeit und haben eine große Wirkung auf unser Handeln. Sie koordinieren unsere verschiedenen biologischen Systeme in unserem Körper, beispielsweise unser Herz-Kreislaufsystem, unseren Hormonhaushalt oder unser Muskelsystem, einschließlich der Gesichtsmimik. Jede Erfahrung, die wir in unserem Leben machen, wird im Gehirn mit dem entsprechenden Gefühl verknüpft, das wir in dieser Situation empfinden. So wird jedes Erleben Teil unserer Lebenserfahrung. Unsere Gefühle sind überlebenswichtig, denn sie signalisieren uns, wenn wir in Gefahr sind. Das bedeutet dann, dass Bedürfnisse in uns nicht erfüllt sind.
Unsere Gedanken, Gefühle und unser Körper sind untrennbar miteinander verbunden. Gedanken und Gefühle finden in unserem Körper ihren Ausdruck. Glaubt zum Beispiel jemand nicht an sich, lässt er die Schultern hängen und hat eine gebeugte Haltung. Andersherum gehen körperliche Zustände auch mit unterschiedlichen Gefühlen einher. Verändern wir beispielsweise unsere Körperhaltung, führt das auch zu einer Änderung unserer aktuellen Stimmung. Jedes Gefühl geht also immer mit einer körperlichen Reaktion einher. Je intensiver die Gefühlsregung ist, umso deutlicher reagieren wir. Daher ist es wichtig, unsere Gefühle wahrzunehmen, was bedeutet, sie im Körper zu lokalisieren und zu erspüren.Drücken wir unsere Gefühle allzu oft weg kann uns das krank machen. Wer also seine Gefühle wahrnimmt und ihnen Ausdruck verleiht sorgt gut für sich und seine Gesundheit.
Vielen Menschen fällt es allerdings schwer, die eigenen Gefühle zu spüren. Da kann es helfen, wenn du dich fragst:
- Wo befindet sich mein Körper gerade?
- Spüre ich den Untergrund, auf dem ich mich gerade befinde?
- Wie fließt mein Atem? Atme ich in den Bauch oder in die Brust?
- Was spüre ich gerade in meinem Körper (Verspannung, Schmerzen, Wärme, Kälte, Zittern, …)?
- Wo spüre ich es gerade?
Diese Übung kannst du so lange wiederholen, bis du ein Gespür für deinen Körper entwickelst. Dein Körper wird dir eine Rückmeldung geben, wie er sich fühlt. Achte einmal darauf, wie es sich anfühlt, wenn es dir gut geht. Fühlt sich dein Körper dann zum Beispiel aufgerichtet, weit, leicht oder weich an? Spürst du aber eher eine Härte, Enge, Schwere oder Kraftlosigkeit, dann gibt es etwas, das dir gerade nicht gut tut. Gefühle und emotionale Zustände sind immer im Körper wahrnehmbar.
Unsere Hauptemotionen kannst du hier im Körper wahrnehmen:
Scham | erhöhte Aktivität im Kopf und Brust-/Bauchbereich (Schamesröte treibt das Blut in die Wangen) abgeschwächte Aktivität in den Beinen |
Ärger/Wut | spürt man im gesamte Kopf-/Brustbereich und in den Armen |
Angst | spürbar im Kopf-/Oberkörperbereich und den Händen |
Trauer | innerliche Kälte im Brustbereich und den Extremitäten |
Freude | eine Wärme ist im gesamten Körper spürbar |
Ohnmacht | Kältegefühl in Armen und Beinen |
Solltest du eines dieser Gefühle an dir bemerken, machen sich deine Bedürfnisse in dir bemerkbar. Denn der Ausdruck deiner Gefühle ist eigentlich ein Ausdruck dessen, was du gerade brauchst.
Wie sich psychische Bedürfnisse auf deine Gefühle auswirken
Ein Bedürfnis ist eine Mangelempfindung gepaart mit dem Wunsch, diese Empfindung zu beseitigen. Dein Körper sowie deine Psyche haben bestimmte Bedürfnisse. Das heißt, dass es für bestimmte Dinge einen Bedarf gibt, damit dein Körper und deine Psyche ausreichend versorgt sind. Werden diese Bedürfnisse langfristig nicht gestillt, führt das zu Unzufriedenheit. Deine Gefühle geben dir Informationen darüber, was das gerade für Bedürfnisse sind. Hast du ein Bedürfnis, schafft dein Körper ein entsprechendes Gefühl dazu, das wiederum dein Verhalten beeinflusst, um dieses Bedürfnis zu stillen.
Psychische Bedürfnisse erzeugen Gefühle bei dir, um diesen Ausdruck zu verleihen und dich entsprechend zum Handeln zu bewegen. Fühlen wir uns gut, sind alle Bedürfnisse erfüllt. Negative Gefühle entstehen, wenn unsere Bedürfnisse nicht erfüllt sind.
Gefühle, wenn deine Bedürfnisse erfüllt sind:
- Begierde
- Harmonie
- Vertrautheit
- begeistert
- frei
- entspannt
- gut gelaunt
- motiviert
- tatenhungrig
- offen …
Gefühle, wenn deine Bedürfnisse nicht erfüllt sind:
- Abneigung
- Vorsicht
- Ekel
- einsam,
- unentspannt
- gelangweilt
- besorgt
- verwirrt
- erschöpft
- ungeborgen …
Dies ist nur eine unvollständige Aufzählung.
Oft haben wir leider keinen leichten Zugang zu unseren Bedürfnissen, weil sie immer wieder von uns wichtigen Menschen nicht wahrgenommen und bestätigt worden sind. Somit haben wir erlernt, dass wir Bedürfnisse nicht haben dürfen. Wir können nur dann Verantwortung für die Erfüllung unserer Bedürfnisse übernehmen, wenn wir lernen, sie wahrzunehmen.
Wenn du eines der folgenden Gefühle an dir bemerkst, sind wahrscheinlich nebenstehende Bedürfnisse nicht gestillt:
Scham | verbunden sein dazu gehören |
Ärger/Wut | selbstbestimmt sein Gerechtigkeit |
Angst | Sicherheit |
Trauer | Alle Bedürfnisse |
Einsamkeit | verbunden sein dazu gehören |
Schuld | verbunden sein dazu gehören |
Gleichgültigkeit | Entwicklung Abwechslung |
Hoffnungslosigkeit | wirksam sein alle Bedürfnisse |
Unzufriedenheit | alle Bedürfnisse |
Frust | wirksam sein alle Bedürfnisse |
Ohnmacht | wirksam sein alle Bedürfnisse |
Empfindest du Freude, sind alle deine Bedürfnisse gestillt!
Welche Bedürfnisse hast du? Welche Bedürfnisse sind dir wichtig? Findest du vielleicht nicht den richtigen Zugang zu deinen Bedürfnissen oder Gefühlen?
Unser Coaching-Angebot unterstützt dich in deinem Weg herauszufinden, wo du gerade feststeckst und wie du wieder herausfindest. Wir unterstützen dich dabei, mit deinen unangenehmen Gefühlen umzugehen und in Zukunft auf deine Bedürfnisse zu achten.
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